hier müssen wir was zu schreiben!
Kapitel: | K-3: Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück |
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Antragsteller*in: | Annkatrin Esser (GJ Berlin) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 18.02.2021, 12:12 |
Kapitel: | K-3: Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück |
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Antragsteller*in: | Annkatrin Esser (GJ Berlin) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 18.02.2021, 12:12 |
Genossenschaften über landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wohnungen. Wir wollen, dass in Berlin jährlich 20.000 Wohnungen neu gebaut werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte sozialverträglich. Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von
Recyclingbeton, wollen wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf die Straße bringen. Was ist mit Sanierungen? Craidle to Craidle Bei energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und klar
ist, niemand darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, Kinder,
ältere Menschen, prekär Beschäftigte, Arbeitssuchende und Menschen mit
Behinderung sind von Armut, Verdrängung und Ausgrenzung bedroht. Familien und
Freischaffende suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und Gewerberäumen. Wir
kämpfen für ein Berlin, in dem alle teilhaben und ihren Platz finden. Auch in
der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben
geschnellt, auch weil hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das
Zuhause ist. Wohnen ist keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt,
auf dem in 30 Jahren 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert sind. Dafür
werden wir ein breites Bündnis schließen – von den landeseigenen
Wohnungsgesellschaften über Genossenschaften und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das
Gemeinwohl verpflichten. Die Bau-, Miet- und Wohnpolitik haben wir seit 2016 vom
Kopf auf die Füße gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den
Bezirken, in denen wir Verantwortung tragen. Wir haben sozialen Wohnungsbau
vorangetrieben, das Vorkaufsrecht genutzt und mit dem Mietendeckel haben wir den
Mut bewiesen, Menschen auch dann zu schützen, wenn der Wind uns frontal ins
Gesicht bläst. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir bauen das neue Berlin
gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Wir erwerben uns die Stadt Stück für Stück
zurück, um Gemeinwohlorientierung zum zentralen Merkmal des Berliner
Mietenmarktes zu machen, und regulieren gleichzeitig die Mieten weiter. Für uns
ist klar: Der Mietendeckel darf 2025 nicht ersatzlos enden.
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte
geschafft. Das kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita,
ein gesundes kostenloses Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das
sorgt dafür, dass Kinder aus Familien, die weniger Geld haben,
gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben den Landesmindestlohn
auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen, wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen
Aufträgen garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die
kleinere Einkommen haben. Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der
Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt, dass für Menschen, die Sozialleistungen
beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich übernommen werden und
Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das Dickicht an
Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle
Vorreiter. Der Weg zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der
Vergangenheit angehören, ist aber noch weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür
ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene endlich neu zu sortieren, um
das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert ist, werden wir
weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir mit
einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen
Bezirken in alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im
sozialen Umfeld Unterstützung leisten.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems
aufgezeigt: Statt in gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche
Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte kaputtgespart und Pandemiepläne sind in
Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute Gesundheitsstrukturen zur
Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen. Deswegen haben
wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen Weg
in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und
für mehr Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez
vernetzte Versorgungsangebote zu entwickeln. Wir haben massiv Geld in die
landeseigenen Krankenhäuser investiert. Wir wollen allen Berliner*innen
bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns nachhaltig auch für eine
gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein – insbesondere auch bei
den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung wollen wir
eine besser vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen;
dazu müssen wir das Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und
erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik
gemacht, sondern jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit,
das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der
Verkehrswende, im Bildungsbereich, in der Sozialpolitik oder in der
Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit unser Ziel.
Wir wollen erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die
gleichen gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für
uns körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und
Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der
ambulanten Pflege, in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht
sein, dass Pflegekräfte zu schlechten Bedingungen mit viel zu vielen
Patient*innen ihren Dienst tun. Darum haben wir gemeinsam mit dem Berliner
Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren intensiv an Verbesserungen
gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids „Gesunde
Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen
Personalschlüsseln die Arbeitsbedingungen substantiell verbessern. Wir wollen
eine Vielzahl von Pflege- und Wohnformen im Alter fördern, um Menschen, solange
es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Um pflegende Angehörige
besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene für die Einführung eines
Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der
Pflegeversicherung sowie der grünen Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr
Gerechtigkeit und Solidarität in der Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen
verändert, so dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert
wird. Das wollen wir bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Ältere Menschen sind noch lange fit und wollen aktiver Teil der Gesellschaft
bleiben. Am besten ermöglichen wir das, indem wir Hürden im Alltag abbauen. Auch
für Menschen mit Behinderung oder Familien mit kleinen Kindern ist es wichtig,
dass die Stadt barrierefrei ist. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in
Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir uns stark für die Absenkung von
Bordsteinkanten, längere Ampelschaltungen, eine barrierefreie Darstellung von
Websites oder die Übersetzung von Veranstaltungen in Gebärdensprache. Wir
wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung, gleichberechtigt in der
Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance bekommen, Teil des ersten
Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege
für Menschen zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor,
bekämpfen Armut, sorgen dafür, dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben
und bauen Hürden im Alltag ab. Berlin gelingt nur gemeinsam. Zusammen mit den
Initiativen und Verbänden unterstützen wir daher das Berliner
Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnpolitik
eingeläutet, um der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen
Einhalt zu gebieten. Unser Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt
gemeinwohlorientiert zu gestalten. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Unter Gemeinwohl verstehen wir die
landeseigenen Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Träger sozialer
Einrichtungen und Hausprojekte sowie Privatvermietenden, die sich wie die
öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten. Wir
schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr Wohnschicksal in die
eigenen Hände nehmen, wie beispielsweise Baugruppen, wenn sie sich sozialen und
ökologischen Kriterien verpflichtet fühlen.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau stärker auf Gemeinwohl
ausgerichtet, gleichzeitig hat der Mietendeckel Ruhe in den überhitzten Markt
gebracht und zu stabilen Mietpreisen geführt. Damit haben wir juristisches
Neuland betreten und sind stolz darauf, dass wir Wucher stoppen konnten, trotz
heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren streiten wir weiter für einen
gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin. Dazu gehört für
uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40 Prozent
des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende
eine zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir
verwirklichen soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und spielen sie nicht
gegeneinander aus.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und
ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung
Platz hat. Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von
Genossenschaften über landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen
und auch kleinen privaten Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wir wollen, dass in Berlin jährlich 20.000 Wohnungen neu gebaut
Wohnungen.
werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte sozialverträglich.
Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das weite
Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus
dauerhaften Fonds auflegen,
Darlehen direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von
Neubauten ermöglicht. Wir wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so
ausgestalten, dass eine besonders hohe Förderung in dauerhaft
gemeinwohlgebundene und möglichst CO2-neutrale errichtete Wohnungen fließt. Die
Genossenschaftsförderung für Neubauten wollen wir deutlich erhöhen und weiter
öffnen, zum Beispiel auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Mit
ökologischen Dämm- und Baustoffen, wie Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Naturstein oder
Recyclingbeton, wollen wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf
die Straße bringen. Was ist mit Sanierungen? Craidle to Craidle Bei energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf
Bundesebene dafür ein, die Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form
abzuschaffen und durch ein neues faires System zu ersetzen. Die Kosten müssen im
Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist, muss auch die Umlage
enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir zwischen
Vermieter*innen, Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair
verteilen. Durch eine energetische Sanierung schützen Vermieter*innen die
Bausubstanz ihrer Immobilien und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel ist es,
dass die höhere Kaltmiete durch niedrige Energiekosten aufgewogen wird, so dass
die Warmmiete nicht steigt. Die öffentliche Hand leistet mit der Übernahme eines
weiteren Drittels einen wichtigen Beitrag, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu
bringen.
Wir wollen Eigentümer*innen gesetzlich verpflichten, bis 2024 Fahrpläne für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser
vorzulegen. Dabei bieten wir eine intensive Unterstützung und Begleitung durch
die Bauinformationszentren des Landes Berlin an. (Zu Fragen der Stadtentwicklung
und des ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen,
wollen wir aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und
Entwicklungsmaßnahmen nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu
erreichen, wollen wir auch das Berliner Modell der kooperativen
Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass mindestens 50 Prozent der Wohnungen
im Neubau dauerhaft gemeinwohlgebunden sind. Darüber hinaus wollen wir auch alle
weiteren Möglichkeiten nutzen, um Baurecht an die dauerhafte ökologische und
Gemeinwohlbindung mindestens eines Anteils des Neubaus zu knüpfen.
Den Wohnungsmarkt regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des
Zweckentfremdungsverbotes und der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir
in Berlin wichtige Schritte gegangen, um Wohnen bezahlbar zu halten.
Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu versetzen, die
Gesetze auch effektiv umzusetzen. Darüber hinaus prüfen wir die Schaffung eines
Landesamtes für Wohnungswesen, das vor allem die Umsetzung des Mietendeckels
sicherstellen soll. Um mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen,
haben wir ein Berliner Miet- und Wohnungskataster eingeführt und werden es mit
Leben füllen.
Die Wirkung des Mietendeckels ist bis 2025 begrenzt. Bis dahin braucht es auf
Bundesebene eine Reform des Mietrechts, damit die Mehrheit der Mieter*innen
nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für Wohnen aufbringen müssen.
Sollte das nicht gelingen, werden wir auch im Anschluss an den aktuellen
Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den Mietenanstieg in der Stadt auch
zukünftig zu begrenzen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten nutzen und ein
Mietenkataster aufbauen. Ein solches Kataster kann Grundlage für ein
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz sein. Ziel ist, in Berlin dauerhaft bezahlbare
Mieten zu sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass Gewerbe und
Immobilienkaufpreise nicht durch die Decke gehen.
Bei Wohnungen in öffentlicher Hand haben wir hohe Ansprüche an die
Gemeinwohlorientierung. Darum entwickeln wir das Wohnraumversorgungsgesetz und
die Kooperationsvereinbarung mit den städtischen Wohnungsunternehmen weiter zu
einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Der öffentliche Wohnungssektor stellt sicher,
dass auch Menschen mit geringem Einkommen die Miete zahlen können. Das wollen
wir weiterhin gesetzlich sicherstellen. Beim landeseigenen Berlinovo-Konzern
fordern wir eine tiefgreifende Strukturreform hin zu mehr Transparenz und
Gemeinwohl.
Eigentum verpflichtet, und das muss sich auch in der Besteuerung niederschlagen.
Höherer Wert heißt höhere Steuerzahlung. Angesichts der komplexen
Umsetzungsfragen wollen wir mit einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob eine
Umwandlung zu einer Bodenwertsteuer sinnvoll und durchführbar ist. Zusätzlich
wollen wir die Grunderwerbsteuer progressiv ausgestalten. Sie soll deutlich
höher ausfallen als bislang für Transaktionen mit vielen Wohneinheiten und
niedriger als heute für Einzelkäufe.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne
Eigentumswohnungen ist ein wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Wir
wollen, dass der Bund den Ländern durch die Änderung des Baugesetzbuches
ermöglicht, die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen konsequent zu
unterbinden und den Erwerb von Wohneigentum auf Neubauinvestitionen zu
begrenzen. Sollte der Bund auch hier nicht handeln, werden wir prüfen, inwieweit
wir, analog zum Mietendeckel, auch als Land Berlin diesbezüglich tätig werden
können.
Die Stadt zurückerwerben
Um Verdrängung und Immobilienspekulation zu stoppen und bezahlbaren Wohnraum zu
ermöglichen, streben wir in den nächsten 30 Jahren einen Berliner Wohnungsmarkt
an, der zu 50 Prozent gemeinwohlorientiert ist. Gemeinwohlorientiert sind für
uns Eigentumsformen, die nicht auf puren Profit und Spekulation ausgerichtet
sind – wie zum Beispiel Genossenschaften, Baugruppen, Berlins
Wohnungsgesellschaften und Privatvermietende, die sich wie die öffentlichen
Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten.
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung aus der
Mottenkiste geholt: Mit dem Vorkaufsrecht verpflichten wir Käufer*innen mit
Abwendungsvereinbarungen dazu, ihrer Sozialpflichtigkeit nachzukommen, oder
veranlassen den Aufkauf der fraglichen Wohngebäude durch eine landeseigene
Wohnungsbaugesellschaft. Mit einer deutlichen Erweiterung von
Milieuschutzgebieten wollen wir diese Intervention zugunsten der betroffenen
Mieter*innen zukünftig auch stadtweit ermöglichen. Mit Genossenschaften,
Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung schließen. Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen
Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu fördern, eröffnen wir landeseigene
Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf Bundesebene dafür,
einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen fairen Kündigungsschutz
einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen einführen
und die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig
anbieten, um vor Ort den Gewerbearten Räume anzubieten, die darauf besonders
angewiesen sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die
Politik, dass dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum
verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen und Boden Geltung verschafft werden muss.
Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens. Zentral dabei ist, die
Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen
verhandeln und agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns
nicht zwingen, die Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den
verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich
jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen, wird die öffentliche
Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, diesen Schritt gehen. Wenn es um
die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht, müssen qualitative
Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative Obergrenzen
sehen wir kritisch.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten
Umgang mit öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden
wir ein transparentes Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen
Liegenschaftskatasters einführen. Seinen Boden soll Berlin behalten,
Bodenvermögen konsequent vermehren und eine Erbbaurechtsstrategie
implementieren. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr privatisiert. Das
wollen wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung
begonnen hat, wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu
gegründeten Landesgesellschaft „Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden Darüber
hinaus wollen wir die Gründung einer genossenschaftlichen Ankaufagentur
unterstützen und die bürger*innenschaftliche und gemeinwohlorientierte
Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von Community Land Trusts stärken. Ein
zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei der Ausübung des
Vorkaufsrechts sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der
Verkehrswert einer Immobilie berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine
Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen. Wir wollen, dass der nachhaltige
Ertrag einer Immobilie genutzt wird, um den Verkehrswert zu ermitteln, und nicht
die höchstmögliche Verwertung zählt.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in
der viele Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n
treffen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen,
die Arbeit suchen, oder Menschen mit geringen oder plötzlich gar keinen
Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit garantieren und ihnen eine
Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines grundsätzlichen
Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen
Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung
des Hartz-IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen
höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige
Weichen neu gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der
Unterkunft haben wir so verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr
verlieren, weil sie teurer wird. Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne
Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um Menschen in Arbeit vor Armut zu
schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und
Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all diesen
Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns
nicht nur um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf
Transferleistungen angewiesen sind. Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial,
kulturell oder finanziell benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von
kostenfreier Kita- und Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der
Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-Ticket für Schüler*innen profitieren
insbesondere von Armut betroffene und bedrohte Familien. Doch um diesen Familien
nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb wollen wir die
Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir
mit einer Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen
Lebenslagen zu erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der
Arbeit der „Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der
Landesarmutskonferenz, des Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen
erarbeitet worden. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir wollen einen zentralen
Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen, von den Tafeln über die
Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk soll so
leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist,
da ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt
nachträgliches Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke
Akteur*innen. Darum haben wir in den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte
auf Landesebene finanziell abzusichern. Die Stadtteilmütter sind raus aus der
unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in den Bezirken
gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf
allen Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen brauchen besondere Unterstützung. Darum
haben wir uns in den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“
für die Bezirke eingesetzt. Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken
umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort sollen die Möglichkeit bekommen,
unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit zu finanzieren,
gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu gehen
drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros,
die wir etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich
machen, sondern die Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die
Eltern schnell und unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine
besonders intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen
kein Elternteil arbeitet, getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team
ist es gelungen, mehr als 200 Personen in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir
fortsetzen und auch in anderen Bezirken wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen
so zu ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie
verloren gehen. Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung,
Schuldner- und Suchtberatung oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall
Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus einzelnen Jobcentern sollen auf alle
anderen übertragen werden. Die Rädchen müssen vor Ort ineinandergreifen. Damit
Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür müssen die
besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze
Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden
Einzelfall gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch
betreut. In Mitte war ein Projekt zur Betreuung von „Familien-
Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln haben wir ein Präventionsteam
aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der Krise zu zeigen. Wir
wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der
Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns
ist klar, dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden
müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen
organisieren – nicht entlang bürokratischer Logiken. Die in der Jugendhilfe
begonnene „Sozialraumorientierung“ ist ein guter Schritt in diese Richtung. Mit
der Verankerung im Familienfördergesetz weiten wir diese Systematik auf andere
Bereiche aus. In ganz Berlin sollen lebensweltlich orientierte Räume definiert
und Fachkonzepte der Zusammenarbeit erarbeitet werden. Wir wollen Kiez-Teams
aufbauen, die bei Meldungen Familien und Einzelpersonen aufsuchen und
Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“, Babylots*innen, die
Stadtteilmütter, Sozialarbeiter*innen in Jugendeinrichtungen, die Jobcenter oder
die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Bei den sogenannten „67er-
Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen
Schwierigkeiten, wollen wir eine einheitliche Anwendung in den Bezirken
erreichen. Parallel soll die Qualitätssicherung systematisiert und in ganz
Berlin strukturiert werden, um Flexibilität und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-,
Sozial- und Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes
Berichtswesen zu einer Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und
Sozialberichterstattung, die Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas,
Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles mehr. Wir wollen den Wildwuchs an
Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen. So können wir noch
besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage
von Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im
Februar 2020 war ein wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger
Schritt. Nun muss eine Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter
ausbauen zu können.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit
führt. Um die nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen,
braucht es einen geschützten Raum, ein Dach über dem Kopf. Deswegen vermitteln
Projekte mit dem Ansatz „Housing First“ Menschen als Allererstes in neue
Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie dann auf ihrem
weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die
Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen
gemeinwohlorientierten Projekten, die für die spezifischen Gruppen selbst bauen
wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften auch über die Stadt zu erhalten.
Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo mit sozialen Trägern
in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen Wohnungsunternehmen
etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können, wollen
wir Wohnungen auf Basis des Mietendeckels anmieten, um sie, begleitet von
sozialer und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen.
Dabei stehen besonders verletzliche Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende,
Minderjährige oder Menschen mit Behinderung und Obdachlose mit hohem Alter im
Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von EU-Bürger*innen, wenn sie keine
Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein,
Leistungsausschlüsse abzuschaffen. In Berlin wollen wir eine Clearing-Stelle
einrichten, die zentral die Möglichkeiten prüft und, wenn nötig, Menschen auf
Basis des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes unterbringt.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in
den vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens
600 Plätze ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im
Rahmen der Kältehilfe deutlich über 1.000 Plätze vorgehalten werden. Alle Plätze
sollen stets mit Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer
Notunterkunft soll eine Chance auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und
neue Möglichkeiten aufzeigen.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein
eigenständiges Leben – egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der
Straße leben oder gerade die Wohnung verloren haben. Bisher sind die Bezirke für
die Unterbringung von obdachlosen Menschen zuständig, das Land Berlin für die
Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das
LAF zu einem neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge – das hätte nicht
drastischer deutlich werden können als in der Corona-Pandemie. Vorsorge zu
treffen heißt immer in gute Strukturen zu investieren, in der Hoffnung, dass sie
nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf nicht zur Profitmaximierung
dienen, sondern muss sich am Wohl der Menschen orientieren. Dabei geht es uns
nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder individuelles
Gesundheitsverhalten. Es geht um gesunde Lebensbedingungen, um körperliches,
psychisches und soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in
der Corona-Pandemie war dies eine Herausforderung. Wir haben Kapazitäten
aufgestockt, Personal in den Gesundheitsämtern aufgebaut und für den Notfall ein
Corona-Behandlungszentrum geschaffen. Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung
haben wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die Investitionen in die
Krankenhäuser haben wir auf den Bundesschnitt angehoben und dafür gesorgt, dass
Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern
beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im Krankenhaus
besser und gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf
regionale, saisonale und nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in
der Kantine. Wir haben erreicht, dass alle Berliner*innen Zugang zur
gesundheitlichen Versorgung erhalten. Wir unterstützen Menschen ohne
Krankenversicherung dabei, sich zu versichern. Durch unseren Einsatz können sich
endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen
Krankenschein behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem
der Zugang zur hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Der neue und
bislang einzigartige Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter einem Dach
niedrigschwellig Beratung, Prävention (u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung
rund um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu HIV/AIDS.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist
der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Über Jahrzehnte wurde der ÖGD
kaputtgespart. In der Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an
dieser Stelle rächt. Wir brauchen einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit den
nötigen Kompetenzen und Ressourcen ausstatten, um eine lokale,
sozialraumorientierte Vernetzung voranzutreiben. Der ÖGD soll die Kompetenz
erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln. Daher werden wir
systematisch auch neuere Berufsgruppen wie Public-Health-Absolvent*innen,
Epidemiolog*innen oder Gesundheitswissenschaftler*innen in den ÖGD einbeziehen.
Und wir setzen uns dafür ein, dass Famulaturen im Medizinstudium sowie das
praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern absolviert werden können. Wir
wollen den Beruf der*des Amtsärzt*in attraktiver machen und die Voraussetzungen
schaffen, dass die gesamte Ausbildung zur Fachärzt*in für den öffentlichen
Gesundheitsdienst auch in Berlin absolviert und finanziert werden kann. Mit
neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen Aufgaben zu
erledigen. Um vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen,
dass der ÖGD die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur
investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen und die
Mitarbeiter*innen in den Gesundheitsämtern – es gibt viele Berufsgruppen, die
für gute gesundheitliche Versorgung wichtig sind. Wir wollen die noch nicht
organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei ihren jeweiligen
Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch in
Berufskammern. Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur
Verfügung steht, werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit
festen Personalschlüsseln und einer Senkung der Arbeitsstunden. Auch die
Ausbildung muss attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle
Ausbildungs- und Studiengänge auch in Teilzeit zu absolvieren.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt
hoher Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht
nur, um den Status quo zu halten, sondern auch, um Zukunftsprojekte wie die
Digitalisierung der Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der
psychischen Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, der Beruf und die
soziale Lage eine wesentliche Rolle. In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt
es für alles Spezialist*innen – aber viel zu selten werden die verschiedenen
Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen zusammengebracht. Das
Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez macht es anders: Hier arbeiten
verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit den Menschen im
Kiez für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein. Behandlungen
erfolgen disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die
Bedürfnisse der Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig
unterliegt das Projekt regelmäßiger Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des
GeKos mehr integrierte, lokale und interprofessionelle Gesundheitszentren
schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken
Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen
Politikfeldern zu verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der
WHO, denn Gesundheit entsteht weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis,
sondern im Alltag – dort, wo Menschen leben, arbeiten, zur Kita oder zur Schule
gehen und ihre Freizeit verbringen. Auch Klimaschutz ist Gesundheitsschutz –
Luftverschmutzung und Lärm machen krank. Mit der Verkehrswende schützen wir vor
allem die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen Straßen leben
müssen. Wir wollen künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf
ihre Auswirkungen auf die Gesundheit prüfen.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten Nationen übernommen, bis 2030 die Zahl der
HIV-Neuinfektionen auf null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den
Erfolgen in der Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren konnten wir wichtige
Schritte gehen. Unser Ziel für die kommenden Jahre lautet „95-95-95“: 95 Prozent
der HIV-Infizierten sollen von ihrer Infektion wissen, 95 Prozent davon Zugang
zur Behandlung haben und 95 Prozent der Behandelten „unter der Nachweisgrenze“
sein, damit eine Übertragung des HI-Virus nicht mehr möglich ist. Um das zu
erreichen, wollen wir die Infrastruktur zu Versorgungsstrukturen weiter
verbessern.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für
alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten.
Hebammen und Geburtshelfer begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Frauen
sowohl während der Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige
Bezugspersonen. Dass Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie
im Wochenbett betreuen kann, ist ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen allen
Frauen aber weiterhin eine selbstbestimmte und sichere Geburt ermöglichen. Am
Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, sie mit Service-Parkausweisen im
Alltag zu unterstützen und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu
erleichtern. Zusätzlich haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen
die Arbeitsbedingungen für Hebammen verbessern, indem wir mehr Hebammen in die
Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die
Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge übernommen werden und es dazu
auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen,
wollen wir die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie
auch gleichgeschlechtlichen Paaren von der Krankenkasse finanziert wird.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu
können. Beratung im Fall von Schwangerschaftskonflikten muss deshalb
niedrigschwellig zugänglich sein und wir kämpfen weiterhin für die
Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die
Gesundheitsversorgung: Wir wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt
ihre letzte Lebensphase verbringen können. Doch insbesondere in dieser
Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr in der Lage, für ihre
eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vorher eine gute
Aufklärung über Versorgungsvollmachten und eine Patientenverfügung stattfindet.
Deshalb wollen wir die Strukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine
Beratungsstelle für Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der
Versorgung im Hospiz oder zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist
aus gesundheitsökonomischer Sicht oft unattraktiver als die medizinische
Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische Maßnahmen. Umso wichtiger
ist es, Ärzt*innen so aus- und weiterzubilden, dass für sie die Wünsche der
Behandelten im Fokus stehen und lebensverlängernde Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden, nicht um jeden Preis
durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden.
Durch unsere Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten,
dass sie einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die
Resilienz stärken. Darüber hinaus wollen wir – u. a. im Rahmen des
Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und ausbauen, die dabei helfen,
mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur
Behandlung und Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und
wohnortnahe, miteinander vernetzte Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation
durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den Abbau von Zwang. In der Versorgung
gilt für uns die Maxime: ambulant vor teilstationär vor stationär. Unser Plan
ist, innovative Finanzierungs- und Steuerungsmodelle sowie neue Angebotsformen
zu fördern. Wir wollen den ÖGD hinsichtlich Beratung und Begleitung stärken. Das
Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote
zur Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen
Unterstützung und Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem
Dach vereinen.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen
Alters selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich
woher sie kommen, wie dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie
sind. Dafür wollen wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an
Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre Fähigkeiten einbringen und ihr
Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und Unterstützungsangebote oder den
barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im Kiez. Und wer Pflege
benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns ein, auf
Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so
lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen
Leben im Kiez teilhaben können. Wir denken sozialräumlich und haben in den
letzten Jahren die Pflegestützpunkte ausgebaut und mit mehr Ressourcen
ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus fördern wir die Gesundheit
im Alter und ermöglichen mit inklusiven, generationenübergreifenden Projekten
Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene Community hinaus
zusammenbringen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter Pflege- und Wohnformen an
und wollen alternative Wohn- und Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen
große Heimeinrichtungen abgelöst werden, wir fördern kleine, in Quartieren
angebundene und vernetzte Versorgungseinrichtungen. Sie bieten quartiersnahe,
sozialintegrative und inklusive Beratung, Pflege und Betreuung älterer Menschen.
Um eine gute Qualität sicherstellen und kontrollieren zu können, haben wir das
Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Besonders wichtig war uns dabei die Anbindung
von Einrichtung und Wohngemeinschaften an den jeweiligen Sozialraum.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem
Pflegebedarf beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime
beraten, die ihr Angebot in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus
werden wir altersgerechtes und barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst
stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und gerade Pflegewohngemeinschaften sind von
Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene
Strukturen und weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken
ein großes Wissen über die Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze
herrscht, sollen sie eng eingebunden werden. Für uns ist klar, dass Pflege die
vielfältigen Hintergründe der Berliner*innen abbilden muss. Wir setzen uns für
diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade in einer
Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei
Einstellungen auf Diversität zu achten und im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse in Pflege- und Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen.
Mit den Pflegestützpunkten der interkulturellen Öffnung und der LSBTIQ*-
sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen – diesen Weg wollen wir
weitergehen.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. Pflegekräfte sind
systemrelevant, das spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend in den
Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir ändern. Mit dem Berliner Bündnis für
Pflege wurden in den letzten Jahren bereits Handlungsfelder identifiziert, um
Fachkräfte in der Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an, denn
wir sind als Gesellschaft auf gute Pflege angewiesen. Eine Pflegekammer, wie sie
mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir
ausdrücklich.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen,
Mobilitätsangebote, gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße
gegen den Arbeitsschutz zu melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der
Pflegekräfte in Form von Pflegekammern und regen das auch für andere Heilberufe
an. Wir fordern mehr Teilzeitausbildungen und die Finanzierung der
berufsbegleitenden Ausbildung zum*zur Altenpfleger*in. Im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb oder
außerhalb der EU erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der
ambulanten Versorgung müssen die Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu
pflegende Menschen möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung bleiben können.
Viele ausgebildete Kräfte arbeiten nicht mehr in ihrem Beruf – mithilfe von
besseren Arbeitsbedingungen wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege.
Rund 200.000 Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen
Angehörigen. Wir wollen sie stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre
Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr Recht auf Mitsprache ausbauen und
sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum Pflegeunterstützung
zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen soll
ausgebaut und verstetigt werden. Als Berliner Landesregierung haben wir bereits
eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Familienpflegegeldes gestartet,
eine Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden wir weiter Druck
machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit Behinderung
Die Berliner Stadtgesellschaft soll inklusiv werden. Wir wollen eine
Gesellschaft, in der alle Menschen mit und ohne körperliche, psychische oder
kognitive Behinderung gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf
Barrieren zu stoßen. In Berlin leben rund 350.000 Menschen mit einem Grad der
Behinderung von über 50 Prozent, das ist fast jede zehnte Person. Unsere
Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für noch viel mehr Menschen
wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen, auf
barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es
zentral, dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft.
Wir Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an.
Gleichzeitig arbeiten wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste
herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau sogenannter „Häuser der
Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig Beratung,
Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für
den Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit
2020 zusätzlich zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch
beim barrierefreien Umbau der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum
Beispiel bei Bus und Bahn. Unser Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf
barrierefreie Mobilität fest und wir investieren jedes Jahr Millionen, um dem
Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen
wir gezielt vorantreiben. Zum 1. Januar 2022 sollen alle bezirklichen „Häuser
der Teilhabe“ gegründet sein. Wir wollen in den Häusern multiprofessionelle
Teams zusammenbringen, um die Beratung so umfassend wie möglich zu gestalten.
Den Rahmen für einheitlich hohe Standards der Umsetzung sollen
Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen Land und Bezirken entwickeln und
stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also ein neues Label und die
Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht zulassen.
Bei der Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie
durch das „Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben
Gesundheitsaspekten auch den Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei
stellen wir sicher, dass in allen „Häusern der Teilhabe“ und auch in den
Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und
Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung
stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die
Prämisse: Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die Werkstätten so
weiterentwickeln, dass sie nicht zur Endstation werden, sondern der Befähigung
zur Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen. Unternehmen mit mehr als 20
Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf Prozent der
Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen
aber zu viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um
das zu ändern, werden wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen
mit Behinderung stärker fördern und Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an
solche „Inklusionsbetriebe“ vergeben.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe
und Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir
schnellstmöglich abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl
der Inklusionstaxis im öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität
für alle zu verwirklichen. Bei der Konzessionsvergabe für private Anbieter von
Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch
für ältere Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des
gesamten Wohnraumes barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig
voranzukommen, wollen wir die Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent
prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben zum barrierefreien Wohnen
eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten zur Steigerung
der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel sind inklusive Schulen in einer inklusiven Gesellschaft. Beides
bedingt sich gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel.
Nach und nach wollen wir unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder gemeinsam
an Regelschulen lernen. Die Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an
den Regelschulen zur individuellen Betreuung der Kinder mit Behinderung
weiterhin.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen
Begegnungsräumen werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den
Sportvereinen Berlins werden wir weiter daran arbeiten, auch die Vereine für
Menschen mit Behinderung zu öffnen.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung
der EU-Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat
Berlin einen wichtigen Schritt getan. Die praktische Umsetzung wollen wir nun
beschleunigen. Das gilt zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und
Bezirksämter. Bei der Neukonzeption von www.berlin.de muss die digitale
Barrierefreiheit schon in der Planung umfassend mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist
eine inklusive Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung, Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und kaum eine Debatte wird so irrational
geführt wie die um den richtigen Umgang damit. Wir Bündnisgrüne stehen für einen
vernünftigen, evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen
durch Prävention und Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz
gewährleistet, Abhängigen unkompliziert Hilfe zukommen lässt und die
Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen
deutschlandweit rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen
des Rauchens, viele Millionen sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für
Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen Menschen in Deutschland sind
medikamentenabhängig. Die am weitesten verbreitete illegale Droge ist mit ca.
vier Millionen Konsument*innen Cannabis. Tatsächlich ist die Unterscheidung
zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der anderen
Seite nicht sinnvoll und historisch vor rund 100 Jahren willkürlich getroffen
worden. Da sind wir uns mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einig. Statt
willkürlicher Kriterien wäre eine Regulierung nach tatsächlichem
Gefährdungspotential ein wichtiger Schritt – hier ist die Bundespolitik in
Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie Drogen konsumiert werden:
moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in kriminalisierten,
ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen orientieren.
Ideologische Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf
Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht.
Wir haben ein Werbeverbot für Tabak und Alkohol auf kommunalen Werbeflächen
erreicht. Mit einem Pilot-Projekt zum Drug-Checking in Clubs werden wir einen
Weg einschlagen, der Menschen vor gefährlichen, gepanschten Drogen schützt,
Drogenkonsumräume haben wir in den Bezirken geplant und geschaffen. Dort sind
neben sicherem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und Unterstützung möglich.
Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir abgeschafft, da
sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf Spielplätze
verlagert haben. Was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene. Gemeinsam
mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem
„Cannabiskontrollgesetz“ ein sehr konkreter Weg zur Legalisierung entwickelt,
den wir auch weiter vorantreiben werden.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten,
zielorientierten Drogenpolitik festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und
Präventionsmaßnahmen ausbauen. Der Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die
Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der Verbraucherschutz haben dabei für
uns höchste Priorität. Dabei nehmen wir nicht nur substanzbezogene
Abhängigkeiten in den Blick, sondern werden auch Programme der Prävention vor
nicht substanzgebundene Süchte, beispielsweise Glücksspiel oder Computerspiele,
weiter ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol wollen wir in einem nächsten
Schritt auf allen Werbeflächen in Berlin verbieten und dazu die rechtlichen
Möglichkeiten im Detail prüfen. Den Nichtraucherschutz wollen wir konsequent
umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen schützen wir damit und wir halten
das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit Vorerkrankungen offen. Für
bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier mehr Klarheit für
Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und
werden mit voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine
kontrollierte Abgabe diese Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit
Programmen zur sicheren Spritzenentsorgung, zu häufigen Reinigungszyklen in
Parks und auf Spielplätzen sowie mit gezielten Kontrollen die Situation vor Ort
verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf Spielplätzen nichts verloren.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie
Drogenkonsumräume. Unser Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzenprogramme in
allen Bezirken Berlins. Mit einer stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir
Menschen erreichen, die drogenabhängig und dringend auf Unterstützung angewiesen
sind, den Weg in die Beratung aber nicht alleine schaffen. Das Drug-Checking
werden wir weiter vorantreiben, so dass es sich zur anerkannten Normalität in
Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert mit Angeboten zur Beratung und
Hilfe zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Dafür wollen wir mehr mobile Drug-
Checking-Teams auf den Weg bringen, die die Erreichbarkeit verbessern. Die
Sucht- und Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden.
Zentral ist dabei für uns, dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die
Möglichkeit der Opioid-Substitution und die Diamorphintherapie für Betroffene
sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und medizinisch-psychologische Betreuung
nach der Haftentlassung.
Schwarzmarkt austrocknen
Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, arbeiten wir weiter daran, Cannabis zu
legalisieren. Solange es auf Bundesebene keine neue gesetzliche Regelung gibt,
halten wir an unserem Ziel eines Modellprojektes zur legalen Abgabe von Cannabis
in Berlin fest. Die nicht verfolgbare geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf
wollen wir anheben und auch für andere illegale psychoaktive Substanzen
entsprechende geringe Mengen festlegen, die strafverfolgungsfrei bleiben. Damit
entlasten wir Polizei und Justiz massiv. Auch den Parks, die von massiven
Dealertätigkeiten belastet sind, und deren Anwohner*innen wollen wir dazu
verhelfen, wieder mehr Ruhe und Sauberkeit zu finden. Frei gewordene Kapazitäten
wollen wir so weit möglich für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität
einsetzen, die maßgeblich durch den internationalen Drogenhandel begünstigt
wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgt der Handel mit Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Bei kaum
einem anderen Politikfeld ist die Verbindung zwischen unserer Politik hier und
der Lage der Welt so unmittelbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu
beenden, arbeiten wir daran, den internationalen Drogenhandel zu unterbinden.
Das gelingt nicht durch die Kriminalisierung von Konsument*innen. Das gelingt
nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung und Kontrolle. Es ist
Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf dem Rücken
von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft und stiften Freude.
Wir wollen allen Berliner*innen ermöglichen sich sportlich zu betätigen. Egal in
welchem Alter, egal ob organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das
Sportangebot in Berlin soll alle Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere Vision
für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und Bewegung selbstverständlich in
allen Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park, eine Runde
Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem
Supermarkt-Dach. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung
mit. Sport verbindet auch über Grenzen hinweg. Berlin profitiert von
internationalen Sportveranstaltungen. Die weltweite Bekanntheit der
Sportmetropole Berlin wollen wir ausbauen.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen
vielfältige Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft,
sie unterstützen das Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den
Leistungssport. Das wäre ohne zahllose Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als
Trainer*innen oder Vereinsvorstände engagieren. Fair Play gilt für uns nicht nur
auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und
Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und
Übungsleiter*innen verbessert.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei
organisierenden Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei
organisierten Sport gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu
Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden wir das Sportfördergesetz und die
Sportstättennutzungsverordnung so anpassen, dass die Vergabe von Sportflächen
auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Der neu gestaltete
Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark in Pankow sollen Vorzeige-Projekte für das Nebeneinander von
institutionalisiertem und frei organisiertem Sport werden. Hierfür wollen wir
den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie an einem
historischen Ort in einer Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen
eine inklusive Sportstätte für alle Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu
ermöglichen, haben wir das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in
allen Berliner Bezirken kostenlose Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport,
Workout oder Balance, bei mehr als 100 Aktivitäten ist für jede*n was dabei.
Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den kommenden Jahren
weiterführen.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in
Berlin in schlechtem Zustand. Mit dem Sportanlagensanierungsprogramm haben wir
begonnen, Sportstätten wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei
der Vielzahl an Anlagen wird die Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns
ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen ökologischen Standards erfolgen
müssen. Die Klimakrise erfordert, dass wir in allen Lebensbereichen Ressourcen
schonen. Deswegen haben wir in der Sportanlagennutzungsverordnung auch
Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei
werden. Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle
Berliner*innen in die Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen
Beitrag zur Gesellschaft der Vielen, die allen Menschen ein selbstbestimmtes
Leben ermöglicht. Auch für eine älter werdende Gesellschaft ist es wichtig,
barrierefreie Sportanlagen bereitzuhalten, damit in jedem Alter Bewegung und
Sport möglich ist.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht
ist es geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit
Neubauten Flächen versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die
Außengelände von beispielsweise Schulen umfassender genutzt werden, indem sie
nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet werden. Wo nötig werden wir
auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für
die Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass
immer wieder Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Deswegen muss
Schwimmunterricht Teil des Schulsportes sein. Wir wollen die Öffnungszeiten der
Berliner Bäderbetriebe ausweiten, damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum
Schwimmunterricht bekommen und sich die Nutzung der Bäder besser verteilt.
Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kooperationsverträge mit anderen
Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios, abgeschlossen werden können,
um die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen
Dienstleistungsunternehmen umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der
Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur soll transparent sein und allen
Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir haben in den
letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle
Bäder wieder in Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie
barrierefrei und ökologisch sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches
Geschlecht, welches Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder
welche sexuelle Orientierung und sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die
Vielfalt aller Berliner*innen muss sich auch in den Führungspositionen der
Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen
wir Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50
Prozent Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu
können, treffen wir die notwendige finanzielle Vorsorge für die landeseigenen
Wohnungsunternehmen. Mit Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem
Mietshäuser-Syndikat werden wir eine Kooperationsvereinbarung abschließen.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen
angewiesen sind. Die Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos –
die einzelnen Leistungen sind so unübersichtlich, dass sie nicht bei den
Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das Chaos an Familienleistungen
auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf und schaffen
„Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen
müssen. Ein*e Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen
Unterlagen bereitstellen und verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus
Jugendamt und Sozialamt sollen zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein
eigenständiges Leben – egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der
Straße leben oder gerade die Wohnung verloren haben. Bisher sind die Bezirke für
die Unterbringung von obdachlosen Menschen zuständig, das Land Berlin für die
Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das
LAF zu einem neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf
angewiesen. Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln.
Körperlich anstrengende Arbeit, Schichtsystem, Personalknappheit und geringe
Bezahlung haben dazu geführt, dass viele ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf
den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene Fachkräfte in den Beruf
zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern, dass auch eine
Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache bei
den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger
Arbeitszeiten. Dazu zählt auch eine angemessene Bezahlung bereits in der
Ausbildung, angefangen von den Ärzt*innen im Praktikum bis hin zu den
Pflegekräften, gerade mit Blick auf die Akademisierung der Pflegeausbildung.
5. Faire Ausbildungsbedingungen für Care-Berufe schaffen
In vielen Care-Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Wir wollen
faire Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen –
dazu zählt eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung. Wir fordern zum
Beispiel, dass Ärzt*innen im praktischen Jahr an den Lehrkrankenhäusern der
Charité bezahlt werden. Zusätzlich könnten Landesstipendien für diese
Engpassberufe vergeben werden.
hier müssen wir was zu schreiben!
Kommentare
Annka Esser:
Annka Esser: